Şarhöyük-Dorylaion bei Eskişehir birgt 5000 Jahre kaum erforschte Siedlungsgeschichte in einem 450 × 450 m großen und 15 m hohen Hügel.
Die luwische Kultur – das fehlende Element in der Ägäischen Frühgeschichte

Die luwische Kultur blühte im 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. in Westanatolien. Sie zeichnet sich durch eine eigenständige künstlerische und religiöse Tradition aus und gilt – nicht zuletzt wegen ihrer einzigartigen Sprache und Schrift – als eine der bedeutendsten, aber lange Zeit übersehenen Kulturen des bronzezeitlichen Mittelmeerraums. Ihr Einflussgebiet erstreckte sich über den Westen der anatolischen Halbinsel.

Die Luwier profitierten von fruchtbaren Böden und einer blühenden handwerklichen Produktion, die wesentlich zum Handel und zur Vernetzung der Kulturen im östlichen Mittelmeerraum beitrug. Die luwische Sprache, eine frühe indoeuropäische Sprache, wurde in einer eigenen Hieroglyphenschrift sowie in Keilschrift und später in Alphabetschrift überliefert. Die Hieroglyphenschrift blieb über 1000 Jahre lang bis etwa 700 v. Chr. in Gebrauch.

Die unabhängigen und wohlhabenden Stadtstaaten und Königreiche der Luwier haben trotz ihrer Bodenschätze und ihres reichen kulturellen Erbes in der Forschungsgeschichte kaum Beachtung gefunden, weil sich das Augenmerk in der Archäologie auf die Nachbarn, die Hethiter und Mykener, richtete.

Aegean Prehistory

Der luwische Einflussbereich im westlichen Kleinasien liegt zwischen den bisher anerkannten spätbronzezeitlichen Kulturen (Luwian Studies #0109).

 

Neuere Forschungen haben jedoch den bedeutenden Beitrag der Luwier zur kulturellen Vielfalt und zu den politischen Entwicklungen der Bronzezeit aufgezeigt. Die Erforschung der luwischen Kultur eröffnet neue Perspektiven im Hinblick auf die komplexen Zusammenhänge dieser Epoche. Die Stiftung Luwian Studies hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Erbe zu erforschen, zu dokumentieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Der erweiterte Katalog luwischer Siedlungsplätze

Luwische Inschrift Südburg Hattusa

Luwische Hieroglypheninschrift in Kammer 2 der Südburg in Hattusa, 4 m breit und 1,8 m hoch (Luwian Studies #1032).

 

Seit November 2024 präsentiert die Stiftung Luwian Studies auf dieser Website einen erweiterten Katalog archäologischer Fundstellen, der nun 483 bronzezeitliche Siedlungsplätze im Westen der Republik Türkiye enthält.

Das umfassende Datenmanagementsystem wurde von Dr. Alper Aşınmaz entwickelt. Es bietet Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit freien Zugang zu Informationen über die luwische Kultur und integriert fortschrittliche Datenstandards wie CIDOC-CRM, DCTerms und Wikidata. Nutzer können über eine interaktive Karte und eine dynamische Datenbank ortsspezifische Details wie Toponyme, Koordinaten, Beschreibungen und historische Kontexte abrufen. Der Katalog ist zudem mit externen Ressourcen wie Pleiades, Wikidata, iDAI.gazetteer, iDAI.objects und Dbpedia verknüpft, was das Forschungspotenzial erheblich erweitert.

Alle Daten sind barrierefrei zugänglich und lassen sich für benutzerdefinierte Analysen exportieren – ein wichtiger Schritt zur Förderung der Erforschung der Frühgeschichte Westanatoliens.

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Nach einem anregenden Besuch des archäologischen Parks von Karatepe Aslantaş in Kilikien machte eine kleine Gruppe von Luwian Studies, bestehend aus Alper Aşınmaz, Kubilay Ahmet…
LETZTE TWEETS

Out today in ⁦⁦@ASOResearch⁩ ‘s “The Ancient Near East Today”: we present the foundation’s work on mapping and analysing Middle and Late Bronze Age sites in western Anatolia!

Many thanks for the kind words: we are honoured that the Consulate recognises our efforts to highlight the remarkable history of the Luwian world! We hope that the resources on our website are of interest,

Über die Menschen, die zwischen den Mykenern in Griechenland und den Hethitern in Zentralkleinasien lebten, wissen wir noch viel zu wenig – obschon sie eine eigene Sprache und eine Schrift besaßen, die 1000 Jahre in Gebrauch war.
Das Ende der Bronzezeit und das Geheimnis der fehlenden Daten

Die bekannteste Fundstätte des bronzezeitlichen Westanatolien ist zweifellos das legendäre Troja am Eingang zu den Dardanellen, das zwischen 1190 und 1180 v. Chr. laut Homer einem Überfall der Mykener zum Opfer fiel. Homer beschreibt in der Ilias den Kampf um die Stadt bis ins Detail: Er listet einerseits die angreifenden mykenischen Kleinkönigreiche und andererseits die Verbündeten Trojas auf. Das Einzugsgebiet der Letzteren reicht von Nordgriechenland über Thrakien entlang der gesamten ägäischen Küste Anatoliens bis nach Lykien und ans Schwarze Meer.

Homer ist natürlich keine verlässliche historische Quelle. Dennoch ist es verwunderlich, dass die spätbronzezeitlichen Kulturen dieser Regionen in der Vergangenheit kaum systematisch archäologisch erfasst wurden. Diese Lücke trägt offenbar dazu bei, dass das Ende der Bronzezeit im östlichen Mittelmeerraum – das zum Untergang ganzer Kulturen und zum Verlust der Schrift in manchen Regionen führte – bis heute nicht zufriedenstellend erklärt werden kann.

Mithilfe von Geografischen Informationssystemen (GIS) wurden fast 500 bekannte bronzezeitliche Siedlungsplätze im Westen Kleinasiens aus dem Zeitraum von etwa 2000 bis 1180 v. Chr. analysiert. Dabei wurden 30 physiogeografische Parameter untersucht, um zu ermitteln, welche Standorte die Menschen bevorzugten.

Am wichtigsten war offenbar die Nähe zu Trinkwasserquellen und fruchtbarem Ackerland. Auch vermutete Verkehrswege ins Landesinnere spielten eine Rolle. Interessanterweise scheinen die reichlich vorhandenen Erzvorkommen der Region hingegen keinen Einfluss auf das Siedlungsmuster gehabt zu haben.

 

Ein Admiral aus Zypern diktiert einen Brief an seinen König, um ihn vor den Seevölkern zu warnen (künstlerische Rekonstruktion)

Ein Admiral aus Zypern diktiert einen Brief an seinen König, um ihn vor den Seevölkern zu warnen (künstlerische Rekonstruktion von Joe Rohrer, Luwian Studies #0313).

Was sind die Merkmale der luwischen Kultur?
  • Die Luwier hatten eine eigene Sprache, die luwische, die während des 2. Jahrtausends v. Chr. im Westen und Süden Kleinasiens vorherrschend war.
  • Sie besaßen außerdem mindestens von ca. 1700 bis 700 v. Chr. eine eigenständige Schrift, die luwischen Hieroglyphen.
  • Die luwischen Hieroglyphen wurden während des gesamten dunklen Zeitalters (ca. 1200–800 v. Chr.) weiterhin verwendet, während die anderen bronzezeitlichen Schriftsysteme entweder gänzlich aufgegeben (Linear B) oder in Kleinasien nicht mehr benutzt wurden (Keilschrift).
  • Troja ist im Vergleich mit den anderen kulturellen Zentren der Spätbronzezeit (Mykene, Knossos, Hattusa) ohne Frage weltgeschichtlich gesehen der bedeutendste Ort.
  • Wir kennen heute 483 luwische Siedlungsplätze mit über 100 Meter Durchmesser, die während des ganzen 2. Jahrtausends v. Chr. bewohnt waren. Das sind mehr Orte, als von der minoischen, der mykenischen und der hethitischen Kultur zusammen bekannt sind.
  • Der luwische Einflussbereich erstreckte sich über mindestens 250’000 km2 – eine Fläche, die grösser ist als die Einflussbereiche der minoischen, der mykenischen und der hethitischen Kultur zusammen.
  • Ein luwischer König korrespondierte auf Augenhöhe mit einem ägyptischen Pharao, wie aus der Amarna-Korrespondenz belegt ist. Einem mykenischen König war das nicht gegönnt.
  • Die luwische Kultur lieferte das Substrat für die wohlhabenden Königreiche der Frühen Eisenzeit, allen voran das phrygische und das lydische Reich.
  • Zu den sagenumwobenen Regenten dieser Zeit gehörten der König Midas, in dessen Händen alles zu Gold wurde, und König Krösus, der bis heute als der sprichwörtlich reichste Mensch aller Zeiten gilt.

Die mutmaßliche politische und wirtschaftliche Bedeutung der Luwier stützt nicht zuletzt die These, dass sie hinter den legendären Seevölkern stehen, die wesentlich zum Untergang der bronzezeitlichen Kulturen beitrugen. Vermutlich nutzten die luwischen Kleinkönigreiche um ca. 1192 v. Chr. eine Schwächephase des hethitischen Königshauses, um ein Militärbündnis einzugehen, unbemerkt eine Flotte aufzubauen und Zypern aus der hethitischen Kontrolle zu befreien. Anschließend überfielen sie auch die wichtigen Verbündeten der Hethiter an der syrischen Küste. Diese Reihe von Zerstörungen führte letztlich nicht nur zum endgültigen Untergang des hethitischen Königreichs, sondern läutete im gesamten östlichen Mittelmeerraum das Ende des heroischen Zeitalters ein.