Eusebius von Caesarea

In der Chronik des Hieronymus, wie sie von Eusebius wiedergegeben wird, werden 1182 v. Chr. alle Spalten mit TROIA CAPTA („Troja wurde eingenommen“) unterbrochen.

Die Chronik, die Eusebius von Caesarea in der ersten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. verfasste, wurde lange Zeit als grundlegendes geschichtliches Werk betrachtet. In seinen Listen fällt vor allem eines ins Auge: Im Jahr 1182 v. Chr. wird die gesamte Chronologie durch die Zeile „TROIA CAPTA“ – Troja wurde eingenommen – unterbrochen. Beim Trojanischen Krieg handelte es sich also nach Eusebius’ Ansicht zweifellos um ein zentrales geschichtliches Ereignis, das allerdings wenig mit Homers Beschreibung gemein hatte.

KENNTNISSTAND

Eusebius von Caesarea (ca. 260-340) war ein spätantiker christlicher Theologe und Geschichtsschreiber. Er hatte Zugang zu vielen Quellen, öffentlichen Archiven, Kirchenbibliotheken und Privatsammlungen und auch zu Werken, die heute zum Teil nicht mehr erhalten sind. Eusebius verfasste eine Chronik in griechischer Sprache, die jahrhundertelang als Quelle aller Geschichtskenntnisse angesehen und geschätzt wurde. Der erste Teil der Chronik enthielt eine bis in das Jahr 325 n. Chr. reichende Sammlung von Chronologien verschiedener Völker. Der zweite Teil (die Canones) bietet einen historischen Überblick von der „Schöpfung“ bis 325 in Tabellenform, einschließlich einer Chronologie von Herrschaftsjahren und Olympiaden. Hieronymus übersetzte später dieses Buch 2 ins Lateinische.

In je einer Kolonne wird die Chronologie der jeweiligen Völker aufgelistet, darunter Assyrer, Hebräer, Sikyonier, Argiver, Athener und Ägypter. In den sorgfältigsten Handschriften werden diese Kolonnen nach dem Jahr 1182 v. Chr. auf der ganzen Blattbreite durch die Aussage „TROIA CAPTA“ unterbrochen – Troja wurde eingenommen.

Für den Chronisten und Kirchenvater Eusebius stand offenbar fest, dass es sich beim Trojanischen Krieg um ein zentrales geschichtliches Ereignis handelte. Der Fall Trojas ist optisch noch stärker hervorgehoben als die Geburt Christi. Eusebius’ Handbuch zur Chronologie ist von den mittelalterlichen Klerikern immer wieder verwendet worden.

ANREGUNGEN

Das überragende geschichtliche Ereignis

Mit dem Eintrag bei Eusebius erübrigt sich eigentlich die Diskussion um die Historizität einer Einnahme Trojas am Ende der Bronzezeit – was allerdings nicht gleichzusetzen ist mit dem Trojanischen Krieg, wie ihn Homer beschreibt. In der Antike zweifelte kaum ein Autor an der Existenz eines Trojanischen Kriegs, aber die meisten machten deutlich, dass der wahre Konflikt wenig mit den Epen Homers gemein hatte.

Zu den antiken Autoren, die den Trojanischen Krieg in ihren Schriften erwähnen, zählen unter anderen: Hesiod (8./7. Jh. v. Chr.), Stesichorus (630-555 v. Chr.), Sappho (spätes 7. Jh. v. Chr.), Alkaios (7. Jh. v. Chr.), Ibykos (6. Jh. v. Chr.), Simonides (556-467 v. Chr.), Epicharmos (550-460 v. Chr.), Aischylos (525-456 v. Chr.), Bakchylides (5. Jh. v. Chr.), Herodot (5. Jh. v. Chr.), Sophokles (496-406 v. Chr.), Euripides (485-406 v. Chr.), Thukydides (460-400 v. Chr.), Philoxenos (435-380 v. Chr.), Xenophon (430-354 v. Chr.), Platon (427-347 v. Chr.), Aristoteles (384-322 v. Chr.), Lykophron (3. Jh. v. Chr.), Timaios (345-250 v. Chr.), Livius Andronicus (280-207 v. Chr.), Naevius (270-201 v. Chr.), Seneca (4 v. Chr. bis 65), Plinius (23-79), Plutarch (46-120), Pausanias (2. Jh.) und Proklos (412-485).

Die Neigung mancher Geschichtswissenschaftler, den Trojanischen Krieg einzig und allein als Erfindung Homers zu betrachten, überzeugt bei dieser Sachlage nicht. Viele Autoren aus dem antiken Griechenland erwähnten den Konflikt, und fast ausnahmslos zweifelten sie nicht an seiner Historizität, dagegen standen sie Homers Darstellung äußerst kritisch gegenüber. Alle Anzeichen sprechen also dafür, dass ein Konflikt um Troja mit der Einnahme der Stadt endete und dass dies ein Ereignis von großer politischer und kultureller Tragweite war.

LITERATUR

Helm, Rudolf (1956): Die Chronik des Hieronymus. Eusebius Werke, vol. 7. Akademie Verlag, Berlin, 1-270.
Jung, Marc-René (2001): Die Vermittlung historischen Wissens zum Trojanerkrieg im Mittelalter. Walter de Gruyter, Berlin, 1-43.