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Lebensraum und Bodenschätze in Westkleinasien

Der Berg Ida südlich von Troja war zu allen Zeiten mit dichten Wäldern gesegnet.
Archäologische Ausgrabungen in Küllüoba haben meterdicke stratifizierte Siedlungsreste aus der Frühbronzezeit freigelegt.
Kleinasien liegt an der Schnittstelle der Kontinente Europa, Asien und Afrika. Anregungen, Ideen und Güter aus allen Himmelsrichtungen liefen hier zusammen. © Anton Balazh/Shutterstock
In weiten Teilen Griechenlands sind die Böden vollständig abgetragen. Auf dem nackten Kalkstein kann sich keine Vegetationsdecke mehr halten.
Am Berg Ida im Hinterland von Troja wird noch heute viel Holz gewonnen.
Das luwische Kerngebiet im Westen der heutigen Türkei ist besonders reich an Erzlagerstätten.
Schon im 8. und 7. Jt. v. Chr. lebten die Menschen in Westkleinasien in dörflichen Gemeinschaften: Teil der neolithischen Siedlung von Çatalhöyük. (© Dan Lewandowski)

Kleinasien profitiert nicht nur von einer günstigen geostrategischen Lage zwischen Asien, Europa und Afrika, sondern auch von einem angenehmen Klima, fruchtbaren Böden und üppigen natürlichen Ressourcen. Es ist anzunehmen, dass diese Konstellationen schon in der Bronzezeit zu Macht und Reichtum beigetragen haben.

KENNTNISSTAND

Oft wird Kleinasien als Brückenkontinent – zwischen Asien und Europa – bezeichnet, aber damit ist seine Einzigartigkeit kaum ausreichend charakterisiert. Afrika ist so nah, dass die Behauptung gerechtfertigt scheint, hier verbinden sich die Landwege von sogar drei Kontinenten mit den Küsten von vier Meeren: dem Kaspischen Meer, dem Schwarzen Meer, der Ägäis und dem östlichen Mittelmeer. Nirgendwo sonst auf der Welt ergibt sich eine ähnlich begünstigte geostrategische Konstellation noch dazu in einem für menschliche Siedlungen überaus angenehmen Klima.

Die üppigen natürlichen Ressourcen dürften ein Grund dafür gewesen sein, dass wichtige Errungenschaften der Zivilisation, darunter Sesshaftigkeit, Ackerbau, Viehzucht, Metallverarbeitung und später das Münzwesen, in dieser Region ihren Anfang nahmen. Denn vor der Entstehung der Wissensarbeit im 20. Jh. waren vor allem die natürlichen Ressourcen einer Region ausschlaggebend für den Erfolg ihrer Gesellschaften. Dazu zählen die geopolitische Lage, Lagerstätten, Natursteine, ganzjährige Niederschläge, Flussläufe, Waldvorkommen und landwirtschaftliche Nutzflächen. Kleinasien ist dank seiner erdgeschichtlichen Entwicklung und geografischen Lage in jeder dieser Kategorien reich gesegnet.

ANREGUNGEN

Der reichste Mensch der Weltgeschichte

Nirgendwo im östlichen Mittelmeergebiet gibt es eine so große zusammenhängende Region mit landwirtschaftlich nutzbaren Flächen wie im Westen der heutigen Türkei. Und nirgendwo sonst im östlichen Mittelmeerraum gab es so tief ins Landesinnere reichende schiffbare Wasserwege, zahlreiche natürliche Häfen, ausgedehnte fruchtbare Talauen und unendliche Wälder (wobei von Letzteren heute nur noch Relikte vorhanden sind). Endlose fruchtbare Ackerbauflächen erstrecken sich im Westen Kleinasiens. Die Ausdehnung und Fruchtbarkeit des Gediz-Tals (der Fluss Hermos der Antike) erinnert in seiner Üppigkeit fast an das Niltal. Auch im Hinblick auf Bodenschätze findet sich kaum eine andere Gegend im östlichen Mittelmeergebiet, die so reich gesegnet wäre wie Westkleinasien. Die Region um Troja verfügt über Bleizinkerze, Kupferlagerstätten und Goldvorkommen, die bereits in prähistorischer Zeit ausgebeutet wurden. Noch berühmter für sein Gold war Sardes, das ebenfalls im Westen Kleinasiens liegt und der Königssitz von Krösus war, dem sprichwörtlich reichsten Menschen der Weltgeschichte.

Heute fällt die Unterscheidung zwischen Arm und Reich leicht. Wer viel Geld hat, ist reich, wer keines hat, ist arm. Aber wie verhielt sich dies vor der Erfindung des Münzwesens? Bis dahin galt der Besitz von Metallen als allgemein anerkannter Wertmaßstab. Die Metallverarbeitung hatte schon im 8. Jt. begonnen – weltweit erstmals in Kleinasien. Der Wert der Metalle hing von ihrer Seltenheit und vom Schwierigkeitsgrad der Verhüttung ab. Blei ist weit verbreitet und schmilzt bei niedrigen Temperaturen. Schon früh wurde es vor allem für Schmuck verarbeitet, später auch für Korrespondenz genutzt. Aus Kupfer in Kombination mit etwa 10 Prozent Zinn wird Bronze, das namensgebende Metall für die Bronzezeit (ca. 3000–1200 v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum). Waffen und Werkzeuge schuf man daraus. Silber stammte sowohl aus Silberminen wie auch aus der Blei- und Kupferverarbeitung und wurde wie heute für Schmuck verwendet. Direkt den Königshöfen unterstellt war die Goldherstellung. Noch wertvoller als Gold war Eisen, dessen Wert um 1800 v. Chr. den des Silbers um das Vierzigfache übertraf. Auch Messing (Kupfer und Zink) dürfte als besonders wertvoll gegolten haben, da das natürliche Amalgam (als Karbonatkristall Aurichalcit) nur selten auftritt. Auf der Insel Lesbos, südlich der Troas, fanden sich Messingobjekte (neugriechisch orichalkos) aus dem 3. Jt. v. Chr. mit bis zu 17 Prozent Zinkanteil.

Es erstaunt nicht, dass Herrscher in Regionen mit reichhaltigen Bodenschätzen vermögend und mächtig werden konnten. Die hier erstmals vorgestellte Karte mit der Verbreitung der bekannten Bodenschätze sowohl in Griechenland wie auch in Kleinasien zeigt drei Regionen mit besonders reichen Metallvorkommen: die Troas, das Gebiet um Sardes und das griechische Makedonien. Jede dieser Regionen brachte Herrscher hervor, die noch heute einen besonderen Stellenwert in der Geschichte einnehmen: Priamos, Krösus und Alexander der Große.

LITERATUR

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Höhfeld, Volker (ed.) (2009): Stadt und Landschaft Homers – ein historisch-geografischer Führer für Troia und Umgebung. Philipp von Zabern, Mainz, 1-272.
Muhly, James D. (2011): “Metals and Metallurgy.” In: The Oxford Handbook of Ancient Anatolia 10,000-323 B.C.E. Sharon R. Steadman & Gregory McMahon (eds.), Oxford University Press, New York, 858-876.
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Pernicka, Ernst (1987): “Erzlagerstätten in der Ägäis und ihre Ausbeutung im Altertum.” Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz, 607-714.
Wagner, Günther A. et al. (1985): “Geologische Untersuchungen zur frühen Metallurgie in NW-Anatolien.” Bulletin of the Mineral Research and Exploration Institute of Turkey 101, 45-81.